Remo MüllerMyanmar3 Comments

Das Zahnbürsteli hat in Myanmar einen kleineren Stellenwert wie bei uns. Wenn der Burmese lacht, dann hat das Gegenüber einen kulinarischen Wochenrückblick zu bestaunen. Wer genau hinsieht, hat die Gelegenheit, zwischen den Essensresten noch so etwas wie Zahn zu entdecken. Das Zahnfleisch hingegen hat sich bei vielen bereits aufgelöst. Die meisten noch verbliebenen Zahnteile sind bei vielen – vor allem Männern – schwarz. Ich frage mich amix sogar, sind das noch Essensreste oder wars das mit dem Zahn. Die Zähne die noch sind, sind meist rot gefärbt. Das liege an der Betelnuss, sagt mir Aung.

Nationaldroge

Blutrote Flecken auf den Strassen und Trottvoirs, als wären alle zwei-drei Meter eine Sau geschlachtet worden. Das in ganz Myanmar. Grund: Das «Betelkauen», so wird es auf Deutsch genannt und wird vor allem in Myanmar und Indien konsumiert. Überall kann man sie kaufen, die in ein Blatt gefaltete und mit Gewürzen verfeinerte Betelnuss, der sogenannte «Betelbissen». Die Männer stecken sich diesen in den Mund, kauen dann stundenlang darauf herum. Dabei wird der Speichelfluss angeregt, dieser verfärbt sich durch die Betelnuss rot. Diese überflüssige Sauce wird dann entweder in Plastiksäcke, leere Petflaschen oder einfach auf den Boden entlassen. Der absolute Horror ist es dann, wenn mir einer aus Versehen das Zeugs auf meine Schuhe spuckt, es stinkt nämlich tödlich und geht fast nicht mehr weg. Darum hat nun einer meiner Schuhe einen leichten Rotstich. Noch schlimmer ist es aber, wenn einer mit dir spricht, und das gruusige Zeugs noch im Mund hat. Es klingt dann jeweils so, wie wenn man zähneputzend zu sprechen versucht, und sich ab und zu ein rotes Tröppchen in Richtug Gegenüber verirrt. Das ist dann jeweils der Moment, in dem ich schnell das Weite suche. Im Internet wird gestritten ob es nun ein Genussmittel oder eine Droge ist. Klar ist, es erregt das vegetative Nervensystem, man wird also leicht high. Mein Burmesischer Freund Aung nimmt es nur ab und zu: Zum Roller fahren nehme er immer so ein Betelnuss-Päckchen. Allgemein im Verkehr sei es sehr verbreitet, sagt mir Aung in einer Selbstverständlichkeit, bei der ich nicht so recht weiss, soll ich das nun lustig finden oder weinen. Es beruhige, man hätte dann mehr Geduld im Verkehr, meint Aung. Was würde Obelix dazu sagen?

imageAber nicht nur im Mundbereich, auch sonst hat die Hygiene beim Burmesen wenig Priorität. Der Burmese schmatzt, furzt und rülpst. Hauptsache schnell raus mit der überflüssigen Luft. Vollgas. Im Tempel, auf der Strasse oder im Restaurant, gibim, raus. In einem Tempel hat mal einer so richtig mit Nachdruck gefurzt, niemand regt sich. Man stelle sich vor, da würde in der Migros an der Kasse oder in einer Kirche beim Gottesdienst einer vollgas geben. Die Menschen würden sich in einer peinlich berührten Betroffenheit, ja Verstörtheit, anschauen, es wäre herrlich. Ich sehe das Schweizer Bünzligesicht vor mier: «Spinned sie eigentlich, das machtmer doch nöd!» In Myanmar dreht sich niemand um, es ist ganz einfach völlig normal. Man würde es nicht meinen, aber man gewöhnt sich fast ein bisschen daran.

Und dann bin ich wieder beim leidigen Thema, dem Verkehr. Der Burmese fährt wie die Fledermaus fliegt: Er schaut nicht, er huupt. Der Burmese huupt dann, wenn er denn anderen Verkehrsteilnehmer um sich herum mitteilen will: «Hallo ich komme, und ich komme schnell.» Grundsätzlich geht der Burmesische Automobilist davon aus, dass der andere ausweicht, wenn er kommt. Dumm ist es dann, wenn alle so denken. Besonders lästig finde ich es, wenn so ein Tubel im Auto von hinten kommt, und mich dann voll Rohr fast in die Bewusstlosigkeit huuupt. Das weckt bei mir amix so ein fast beängstigendes Bedürfnis, einen Fadengraden zu platzieren. Trotzdem muss ich sagen, wenn ich mit dem Scooter im Burmesischen Verkehr unterwegs bin, huupe ich fast am meisten von allen. Manchmal komme ich mir vor, wie eine fahrende Sirene. Nur so, fühle ich mich wenigstens ein bisschen sicher. Interessant ist auch das Verkehrssystem in Myanmar. In der Schweiz ist das Steuerrad auf der linken Seite montiert, man fährt auf der rechten Strassenseite. In Thailand ist das umgekehrt: also das Steuerrad ist rechts, man fährt auf der linken Strassenspur, wie in England unter anderem. Dann gibt es die Spezialisten unter den Fahrzeuglenker, es sind natürlich die Burmesen: Ihre Autos haben das Lenkrad auch rechts montiert, sie fahren aber ebenfalls auf der rechten Strassenspur. Wenn man also von Thailand über die Grenze fährt, muss man abenteuerlich die Spur wechseln, ein unterhaltsames Verkehrsschauspiel. Wenn der Burmese also auf der rechten Seite am Steuer sitzt, und auch auf der rechten Spur fährt, dann stellt das den Lenker dann vor eine Herausforderung, wenn er überholen will. Denn er sieht die andere Spur nicht. Bis er dann so weit ausschwenkt bis er etwas sieht, steht sein Wagen bereits auf der anderen Strassenseite, was nicht nur zu halsbrecherischen, sondern zu lebensgefährlichen Ausweichmanöver führt. Ich habe nicht herausgefunden, warum zum Hänker diese Burmesen auf der rechten Seite fahren. Aber sie machens, vielleicht auch nur zum anders sein. Wie auch sonst einfach alles etwas anders ist in diesem Land.

imageUnd auch gerade darum, werde ich ihn vermissen, den Burmesen. In seinem Land habe ich einige Auf und Abs erlebt, jetzt nicht persönliche, mir gehts ausser Verdauungsproblemen blendend. Aber vor allem die Prioritätensetzung der Regierung – siehe den letzten Beitrag «Myanmars Grössenwahn» – haben mich nachdenklich gestimmt, die Stimmung ab und zu etwas getrübt. Ich habe aber Grossartiges erlebt: Die Zeit mit Aung – siehe Beitrag «4 Tage mit Aung». Zu sehen, wie diese Dörfer im Niemandsland zusammenhalten. Trotz fehlender Unterstützung und dem unerfüllten Wunsch unzähliger Eltern, nach einer Schulbildung für ihre Kinder, dass sie es vielleicht mal «weiter» bringen als sie, machen die Menschen einen zufriedenen, unbeschwerten Eindruck. Das hat mich tief beeindruckt, eine äusserst wertvolle Erfahrung.

Nun, Myanmar ist für mich bereits Geschichte. Die letzten Tage durfte ich am Inle-See verbringen. Der See – er ist etwas grösser wie der Zürichsee – ist eingebettet in einer Hügellandschaft. Auf diesem See leben Menschen, in mehreren Dörfern haben sie ihre Stelzenhäuser aufgebaut. Manchmal ist es schwierig zu erklären warum, aber irgendwie ist es mir nicht so eingefahren. Es ist ziemlich touristisch, vielleicht ist das ein Grund. Mir fehlte irgendwie das Authentische. Hunderte Touristenboote kurven da jeden Tag auf diesem See herum, werden von Laden zu Laden geführt, eine Art Shoppingtour. Die auf dem See lebenden Menschen sind Fischer und Handwerker, sie bearbeiten Holz, Metalle und Lotus. Natürlich kann man mit vielen Reisenden dabei sein, wie die Kleidungsstücke und schönen Staubfänger gefertigt werden. Das mit teils uralten Maschinen, so wie bei uns vor hunderten von Jahren. Das Ganze wurde aber kommerzialisiert. Man merkte, da ist was zu holen bei den Touris: Ein Schal aus Lotus kostet über 100 Franken. Auch der Schmuck aus Teak-Holz ist überteuert.

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Posieren fürs die Touris

Für ein Paar Stäbli als Besteck wollen die bereits bis zu 10 Franken. Schon fast etwas unanständig. An den Häusern sind überall grosse Werbeblachen für Bier angebracht, das killt einfach den letzten Funken Authentizität, schade. Wenn man auf den See fährt, stehen unechte Fischer bereit, präsentieren zuerst den speziellen Ruderstiel mit dem Fuss, dann posieren sie mit einem toten Fisch in der Hand für die Kameras. Und dann, logisch, wollen sie Geld. Ich bin sicher vor zehn Jahren wäre das mehr eingefahren. Klar, es ist auch beeindruckend, wie diese Menschen auf dem See leben. Auch landschaftlich liegt der Inle-See sehr schön.

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Love you girls!! 🙂

Für mich das Highlight am Inle-See waren Sarah und Kate aus Schottland und England. Wir haben uns in Bagan kennengelernt und rasch gemerkt, dass da vieles stimmt. Zum Glück hatten wir danach das gleiche Ziel. Das habe ich noch gar nie erlebt, nach so kurzer Zeit so much love… Wir sind ein super Team..konnte über alles sprechen, tiefgründig, stundenlang, gopf ich habe euch so verdammt gerne bekommen. Sarah und Kate wohnen im kleinen Städtchen Vung Tau, ganz im Süden von Vietnam, arbeiten dort als Englischlehrerinnen. Eine Freundschaft, bei der ich ganz einfach weiss, dass sie hält.

Halten tut auch die Freundschaft zu Aung und die Begeisterung für die Burmesen. Tschau Myanmar, es war toll, ich komme wieder.

Meine Reise geht weiter, zuerst zurück nach Bangkok ins Spital. Ich habe eine Lebensmittelvergiftung, muss diese auskurieren. Ich hatte wenig Lust, ein burmesisches Spital von innen zu sehen. Das führt nun auch zu einer Planänderung: Ich verzichte auf die Südthailändischen Inseln und Malaysia, habe einfach keine Lust auf Strand. Dafür werde ich nach Vietnam reisen. Ganz zufällig ist das nicht :). Freu mich!!

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Burmesische Schulkinder. Mein Lieblingsbild ever…

3 Comments on “Anders, anderster, der Burmese”

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