Das habe ich eigentlich nicht so gerne, reisen in einer Gruppe. Aber ich habs getan.
Endlich habe ich Zeit für mich. Ich reise ja alleine, das war zumindest die Idee, viel Zeit für mich zu haben. Aber genau das kam bis jetzt zu kurz. Ich geniesse darum den Moment, in dem ich wiedermal nachdenken, das Erlebte verarbeiten kann. Ich bin von San Juan del Sur weiter nach Granada gereist, die fünft-grösste Stadt von Nicaragua. Etwa so gross wie St.Gallen.
Da sitze ich also, im Zentralpark von Granada. Es ist schon dunkel. Ich esse Reis und Bohnen in Palmenblätter serviert. Ich geniesse es, meine Zeit. Ich denke nach, träume ein wenig vor mich hin. Plötzlich laufen da ganz viele Menschen durch den Park. Eine junge Reisegruppe, eine Führung. Uiii Führung, da hätte ich jetzt null Bock. Im selben Moment kommen mir Menschen bekannt vor. Sind sie es? Tatsächlich. Beni und Simon, meine Schaffhauser Buddies aus Antigua. Sie reisen mit einer Gruppe von Honduras bis nach Costa Rica. In Granada kreuzen sich unsere Wege wieder. Es ist schön sie wieder zu sehen. Wir haben uns vor etwa zwei Wochen in Antigua das letzte Mal gesehen. Sie fragen mich, ob ich morgen mit ihnen einen Tagesausflug mit der Gruppe machen möchte. Ich habe noch nichts geplant und habe Lust mit ihnen etwas zu machen. Also sage ich zu.
Der Plan: Alles Schöne rund um Granada zu sehen. Vulkan, See, Inseln. Die Gruppe ist gross. Etwa 20 Personen, aus zehn Nationen. Da sind ein paar verrückte, leider auch ausgesprochen doofe Menschen dabei, finde ich später heraus. Zuerst gibt’s eine Führung durch die Stadt in der Schildchrötliperspektive. Wir sitzen im perfekt klimatisierten Bus und schauen raus. Der Guide sagt ab und zu etwas. Beim Friedhof dürfen wir aussteigen. Da stehen wir mitten im Friedhof, der Guide sagt noch recht interessante Sachen. Dann geschieht etwas, was ich nie mehr vergessen werde. Da sind zwei Deutsche. Sie heisst Kim, ihre Attraktivität ist bescheiden. Die Äussere, aber vorallem die ihres Geistes. Ähnlich wie bei ihm..kann mich nicht mehr an seinen Namen erinnern. Plötzlich lauft er von der Gruppe weg. Sie ruft ihm in einer unschönen Lautstärke nach: «Gehst du pissen oder kacken?» Mir gefriert das Blut in den Adern. Wir sind auf dem Friedhof!! Gibt’s das? So unendlich wenig Gespühr für eine Situation. Das habe ich noch nie, wirklich gar nie erlebt. Ich beginne, nur ein wenig zu bereuen dass ich zugesagt habe. Ich wusste, diesen Menschen länger als einen Tag zu handlen, wäre eine Herausforderung.
Aber da sind zum Glück noch ganz tolle Menschen dabei! Katharina und Steffi aus Deutschland zum Beispiel. Oder Elly aus Holland.
Es geht weiter. Wir fahren auf den aktiven Vulkan Mombacho, fast ganz hinauf. Ausgerüstet mit Hut und Flipflops laufen wir noch ganz auf die Spitze. Eine wirklich atemberaubende Aussicht! Der Rauch kratzt aber im Hals, wir bleiben nicht lange. Ausserdem drängt die Zeit. Der Guide Raffael macht immer etwas Druck: «Ihr möchtet ja nicht den Sonnenuntergang verpassen, heute Abend bei den Inseln.» Was das für Inseln sind wissen wir noch nicht. Der nächste Halt ist der Lago Apoyo. Ein wirklich netter See zwischen Volkanan. Es ist der sauberste und wärmste Vulkansee in ganz Zentralamerika. Mit diesem Wissen geniesst man das noch etwas mehr. Und dann kommt er, der Rum. Gemischt mit Organgensaft, gefüllt in Gallons stellen die Guides ganz viel davon bereit. Alle beginnen zu bechern. Ich halte mich zurück, fühle mich grad nicht so nach besoffen sein. Nach etwa 90 Minuten am See kommt wieder dieser Raffael. «Wir müssen gehen, der Sonnenuntergang wartet nicht!» Er schraubt meine Erwartungen an den Sonnenuntergang bei diesen Inseln ganz weit nach oben. Es handelt sich um «Las Isletas» im Lago Nicaragua. Bei Granada hats über 300 kleine Inseln. Auf jeder hats verschiedenen Sachen, Ferienhäuser, Natur, Affen. Affen, wirklich! Die Monkey-Insel.
Man nehme vier-fünf Affen, setzt diese auf dieser kleinen, etwa Hundert-Quadratmeterinsel aus, und viola. Eine Touristenattraktion mehr. Wenn die Boote kommen, kommen auch die Affen. Fressen einem sogar die Banane aus der Hand. Das hätte wirklich ein tolles Usflügli sein können, wäre da nicht der Rum. Die einen können besser damit umgehen, andere schlechter. Die Psychologiestudentin aus Australien schlechter. Die hat sich so einen angesoffen, zuerst wollte sie mit allen Typen rummachen, dann drehte sie völlig durch, viel ins Wasser. Drama puur. An jedem Arm und Bein muss sie dann festgehalten werden, damit sie nicht durchdreht und ausschlägt. Einen Tag später landet sie dann im Spital. Geht’s dööfer? Ich hatte etwas Verbarmen mit Simon und Beni, die diese Hirnis noch zwei Wochen am Hals haben. Ich kann mich morgen wieder aus dem Staub machen. Aber so ists halt bei diesen Gruppenreisen. Da werden wildfremde Menschen zusammengewürfelt. Man kann nur hoffen dass es passt. Mir wär dieses Risiko zu hoch. Ich weiss nach heute wieder umso mehr, warum ich alleine reise.
Das tönt jetzt etwas negativ. Über allem wars ein sehr interessanter und lustiger Tag. Danke dass ich ein Tag meines Lebens als Reisender, mit euch sein durfte!
Ausserdem, ich liebe Granada! Ein Städtchen das lebt und echt ist. Und wirklich, unglaublich schön! Die Menschen, der Charm, faszinierend. Farbige Kolonialbauten, immer Action auf den kleinen Strassen, verrückte Märkte. Überall möchte ich ein Föteli machen. Granada hat mich geflasht. Ich würde am liebsten ein Hostel eröffnen hier.