Remo MüllerGuatemala1 Comment

Und wieder ist sie da, die Wehmut. Wieder muss ich mich schweren Herzens verabschieden. Von Menschen, aber auch von einem ganzen Land. Das war der letzte tolle Sonnenuntergang in Guatemala. Vom Inselstädtchen Flores aus. Morgen gehts weiter, meine Reise. Sie hat ja erst begonnen.

Da ging einiges, in meiner ersten Woche als Reisender.

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Im Bus von Antigua nach Rio Dulce habe ich Laura aus Frankreich und Esther aus Deutschland kennengelernt. Wie es der Zufall will, treffen wir uns ein paar Tage später wieder. Wir mögen uns, haben die selben Pläne, reisen darum zusammen weiter. Semuc Champey heisst das erste Ziel. Ein Naturparadies, als eines der Highlights von Guatemala wurde es mir mehrmals wärmstens empfohlen. Einen Schweizer mit Bergen und Wasserfällen zu beeindrucken ist jedoch nicht ganz einfach. Der Weg dort rauf ist beschwerlich. Bei uns ginge das knapp als Wanderweg durch. In Guatemala fahren Busse im stundentackt, stundenlang auf löchrigen Schotterstrassen da rauf.

imageDer Grund: Ein Fluss, der an dieser Stelle über mehrere Wasserbecken jeweils unten durch, so durch Höhlen fliesst. Je nach Wetter und Jahreszeit verändert sich die Farbe des Wassers. Der Holländer dreht fast durch. Ich finds schön. Damit sich die beschwerliche Reise nach Semuc Champey aber für alle lohnt, gibt’s noch mehr Attraktionen. Eine Höhlenwanderung, ausgerüstet mit einer Kerze! Teils kletternd, teils schwimmend (auch mit Kerze!!!). Das Higlight: In der Höhle an einem Seil einen Wasserfall raufklettern. Dieser Teil ohne Kerze. Das war wirklich der Hammer! Ein toller Tag. Aber kalt. Fast der ganze Tag war sonnenfrei. Völlig durchgefroren, alle hatten zitternde, blaue Lippen, kamen wir in unserem Hostel an. Warme Dusche? Nein, kalt. Eiszapfenkalt. Das Wasser frisch von der Bergquelle. Horror. Aber, Bescheidenheit, Remo!

imageEs heisst dass dieses Semuc Champey viele spirituelle Schwingungen hat. Ich will diese spüren, setze mich mitten in der Nacht raus in die Natur. Stunden-weit weg von Wifi und asphaltierten Strassen. Ich schaue in die Bergwelt, kann knapp die Umrisse der Bergspitzen erkennen. Ich höre den Wind durch die Täler ziehen. Ich höre das Zirpen der Grillen, das Rauschen des Flusses. Und, ich höre das Stöhnen aus irgend einem Bungalow. Das wars dann mit spirituellen Schwingungen….

Es ist Donnerstag. Von Semuc Champey gehts weiter nach Flores. Ein zwölfstündiger Horrer. Eingepfercht in einen vollgestopften Mini-Bus. Beinfreiheit: nicht existent. Wirklich nicht lustig. Rechts und links schwitzende Schultern. Vor mir sitzt so ein Indianer-Typ mit einer gruusigen Feder hinten in seinen Haare. Wenn das mit dem Einnicken mal klappt, kitzelt mich diese Feder im Gesicht wach. So möchte ich nicht mehr reisen. Ämäl nicht mehr so lange.

Flores ist ein kleines, herziges Dorf, auf einer Insel. Darum nur über einen Damm zu erreichen. Es ist der Ausgangspunkt für die Reise nach Tikal, der antiken Hauptstadt der Mayas. Wir machen die Sunrisetour. Was heisst: Tagwach 2:30, damit wir pünktlich zum Sonnenaufgang in Tikal sind. Überall hangen diese schönen Bilder der Maya-Städte und im Hintergrund das Morgenrot inkl. Sonne. Das wollen wir live sehen. Für das stehen wir mitten in der Nacht auf. Ausgerüstet mit Stirnlampe wandern wir also etwa eine halbe Stunde durch den stockfinsteren Dschungel. Immer wieder bewegt sich etwas. Mal eine Faust-grosse Spinne mitten auf dem Weg. Und ab und zu raschelts im Gebüsch unnatürlich. Von weitem sind die Brüllaffen zu hören. Ihr Gebrüll geht durch Mark und Bein. Die müssen am Morgen jeweils ihr Territorium markieren, sagt der Guide. Es hat mich sofort an Jurassic Park erinnert, an den T-Rex. Fünf Minuten später sagte der Guide, dass die Macher von Jurassic Park für den Film die Laute der Brüllaffen aufgenommen haben.

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Da sitzen wir also um 6:30, schon seit vier Stunden wach, und warten bis die Sonne aufgeht. Aber sie kommt nicht. Nicht mal irgendwie eine spezielle Stimmung. Nur Wolken. Spektakulär ist es trotzdem, dieses Tikal.

Früh aufstehen heisst: Nun haben wir noch den ganzen Tag vor uns! Es gibt viel zu planen. Für mich geht’s weiter nach Nicaragua. Und Laura und Esther reisen nach Belize.

Ich habe wunderbare Menschen, ein atemberaubendes Land, und eine neue Sprache, wenigstens ein bisschen kennengelernt. Danke Guatemala.

 

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